Über Pulp Fiction kann ich herzlich lachen. Die Erzählstruktur ist raffiniert und der Anfangsdialog zwischen Vincent Vega und Jules Winfield, auf dem Weg zu einem Auftragsmord, mit John Travoltas Doppelkinn in Nahaufnahme, gehört mit zu dem komischsten, was mir Film zu bieten hat: „Ist es das Gleiche, ob man einer Frau die Füße massiert oder seine Zunge in ihr Allerheiligstes versenkt?“ Gewalt erscheint mir dort so unwirklich, so lächerlich, der Baller-Fantasie kleiner Jungen entsprungen. Und dieses ständige Gefasel von „Du bist mein Nigger“ als Ausdruck von knechtender Abhängigkeit einfach absurd.
Pulp Fiction war der Grund, mir den neuen Tarantino, „Django Unchained“ anzusehen. Seine anderen Filme kenne ich nicht. Und ich war schockiert! Da nutzten auch die Wortspielereien, der geistreiche Sprachwitz des Dr. King Schultz (gespielt von Christoph Waltz) nichts, die dem Film über mindestens zwei der drei Stunden die Schärfe nehmen. Da nutzt auch das scheinbare Happy End nichts.
Dieser Schock bei den Zuschauern scheint mir die Absicht des Regisseurs und er beherrscht sein Handwerk perfekt. Wenn diesmal das Blut spritzt, dann macht das das Elend der Sklaven so deutlich, dass es jedem unter die Haut geht. Höhepunkt des Grauens ist die Szene, in der der Plantagen- und Sklavenbesitzer Calvin Candie (herrlich fies: Leonardo di Caprio) einen entflohenen Schwarzen von Hunden zerfleischen lässt.
Rache-Gelüste erschienen mir logisch in einer Welt ohne Perspektive, ohne jeden Funken Hoffnung auf Besserung. Sympathisch, dass ausgerechnet ein Deutscher in dem Film als einziger Antirassist und Humanist gezeigt wird. Er bildet Django im umfassenden Sinn, so dass der Schwarze die Hautfarben-unabhängigen Abhängigkeiten erkennt, als er zum speichelleckenden Anwalt des Calvin Candie sagt:„Dann bist Du also sein Nigger.“ Ist vielleicht Abhängigkeit ein durchgängiges Motiv für Tarantino?
Als poetischen Hintergrund für Djangos Suche nach seiner Frau Broomhilda nutzt Tarantino die Sage von Siegfried und Brünhilde. Er zeigt mit Jamie Foxx, mit schwarzen krausen Haaren und dunkler Haut als perfekte Verkörperung des Germanischen Helden, mit seinem schönen Körper und geschmeidig lässigen Bewegungen im Zeitlupentempo.
Noch auf dem Rückweg vom Kino beschloß ich, mir die anderen Tarantino-Filme auch noch anzusehen und fragte ich in der Videothek nach ihrer Verfügbarkeit. „Wir haben hier vier Stück in einer Kassette, nur zehn Euro pro Kalendertag“, sagte die Bedienung. Ich glaube, ich nehme höchstens einen pro Woche, wenn die genauso wenig komisch sind wie „Django Unchained“. Und ich fange auch nicht sofort an mit dem Projekt.