In der Inszenierung von “Pension Schoeller” am Theater in Rheydtverschwimmen die Grenzen zwischen “normal” und “verrückt”
Einmal den Apotheker ausstechen! Den, der immer so viel zu erzählen und anzugeben hat. Das wünscht sich Philipp Klapproth, reicher Gutsbesitzer aus der Provinz. Er ist die Hauptperson in “Pension Schöller”. Der Schwank aus dem Jahr 1890 von Carl Laufs nach einer Idee von Wilhelm Jacoby hatte am Freitagabend am Theater in Rheydt.
Klapproth fährt dafür nach Berlin, trifft seinen Neffe Alfred und verspricht, diesen finanziell zu unterstützen, wenn der ihn einführt in ein „Irrenhaus“. Doch weil der das nicht kann, „verkauft“ er ihm kurzerhand die Pension Schöller als solches Etablissement und der Onkel darf an einer Abendgesellschaft dort teilnehmen.
Klapproth amüsiert sich prächtig mit dem alten Major, dem weltreisenden Professor, der exaltierten Schriftstellerin, die ständig auf Jagd nach Geschichten ist und vor allem Schöllers Neffen Eugen. Der ist ein fanatischer Möchte-Gern-Schauspieler mit einem fürchterlichen Sprachfehler, kann kein „l“ aussprechen, sagt statt dessen „n“ und erntet die meisten Lacher, wenn der dem von „tonnen Ronnen“ erzählt und nicht einsieht, warum ihm sein Onkel Schöller die Bühne versagen will!
Gut, dass er sie alle „in Sicherheit verwahrt“ weiß. Denn der Major will ihn ständig zum Duell fordern, der Professor will ihn zur Großwildjagd mitnehmen, die Schriftstellerin fragt ihn nach seiner Lebensgeschichte und Eugen spielt ihm so intensiv vor, dass er sich doch bedroht fühlt.
Der Regisseur Michael Gruner inszeniert das Stück als Albtraum eines Spießers, der eigentlich genauso geltungssüchtig ist wie die anderen Protagonisten des Stücks. Ein Alptraum, aus dem Klapproth nicht aufwachen kann, die Figuren besuchen Klapproth auf seinem Gut in der Provinz. Er hat alle Hände voll zu tun, sie in den verschiedenen Räumen einzusperren und auf ihren Abtransport durch Schöller zu hoffen.
Gruner fokussiert die Inszenierung auf die Schauspieler. Die leere Bühne von Udo Hesse bietet ihnen den nötigen Raum, wartet mit den unvermeidbaren Türen auf, die klappen, hinter denen sich jemand verbirgt, aus denen jemand überraschend auftritt. Und das Ensemble spielt bewährt intensiv, zeigt die drängende Not nach Anerkennung der Personen beklemmend offen und so bekommt das Stück die traurige Tiefe, vor deren Hintergrund sich erst so richtig herrlich befreiend lachen lässt.