Gewaltversprechen

An Blut hat Quentin Tarantino noch nie gespart. Doch The Hateful Eight verzichtet auf persönliche Betroffenheit als Rechtfertigung für Rache und Gewalt. Die Figuren handeln „aus Prinzip“ und sadistisch.

the_hateful_eight_4Auch mit schwarzem Humor ist The Hateful Eight nicht witzig

In Pulp Fiction sprechen die Protagonisten darüber, dass sie jemanden – immerhin versehentlich – „die Schädeldecke weggepustet“ haben. In The Hateful Eight erschießen sie ihren Feind – und ihm anschließend zusätzlich in den Kopf. In Pulp Fiction ist das anschließende Gespräch und die Folgen für die Handlung zwar makaber, aber auch witzig – sobald man über schwarzen Humor verfügt. In The Hateful Eight fehlt das Gespräch, der zerstörte Schädel rückt in den Bildmittelpunkt, Blut und Knochensplitter bleiben, wo sie hin spritzen, auch im Gesicht der Protagonisten und damit immer im Bild. Witzig ist das alles überhaupt nicht, Blut ist so allgegenwärtig, dass ich noch lange nach dem Verlassen des Kinos den Geschmack von Blut im Mund habe und ich finde beim besten Willen keinen Grund, warum mir das gefallen könnte.

Positiv: Filmmusik, Ausstattung und Kammerspiel

Gefallen hat mir die Filmmusik von Ennio Morricone und die Bilder von der unschuldig verschneiten Landschaft. Oder die Ausstattung, die bis ins Detail einer Krawattennadel sorgfältig gestalteten Kostüme mit üppigen Pelzen, die die besonderen Charaktere geschickt optisch unterstreichen und die bewährte Kameraführung. Gefesselt hat mich vor allem die eindringliche, wie fein differenzierte Darstellung der Schauspieler – The Hateful Eight ist in der Tat ein Kammerspiel.

Quentin Tarantino

Geldgier als Motiv für Demütigung und Tod

Aber worum geht es eigentlich? Das Motiv der Rache, das bei Tarantino sicher immer unterstellt werden kann, zerfasert meines Erachtens nach. Die Personen haben eine unglaublich niedrige Reizschwelle, persönliche Betroffenheit ist nicht nötig, um eine Lawine der Gewalt loszutreten. Allen eigen ist die Lust an der Demütigung, dem Quälen, dem Töten der jeweils anderen. Übrig bleibt, wer es schafft, die anderen so zu provozieren, dass er das formale Recht verspürt, sie zu quälen und zu töten. Schrecklich und traurig zugleich, wie einfach das ist, in diesem Film. Wenn es auf der persönlichen Ebene nicht funktioniert, dann müssen nur die auf die anderen ausgesetzten Kopfgelder ins Gedächtnis gerufen werden und schon geht sich das Karussell der Gewalt weiter.