Ein Abend mit der Trachtengruppe Schruns
Die wunderbaren Gaben der Natur, der Erdgeschichte, sind das eine, das ich sehr gerne genieße – deswegen ja auch der Urlaub in Vorarlberg. Vom Quartier im Klostertal fahren wir zum Wandern auch ins Montafon. Dort fällt mir ein Plakat mit den Terminen der Trachtengruppe Schruns ins Auge, die den ganzen Sommer über in der Kulturbühne Schruns auftritt. Weil die kulturellen Leistungen der Menschen mir ebenfalls immer wieder ein Lächeln ins Gesicht zaubern, gehe ich hin. Später erfahre ich, dass die Truppe durch ihre weltweiten Auftritte im Rahmen des Musikantenstadels weltberühmt ist.
An dem Abend erlebe ich drei Abteilungen der Trachtengruppe:
Von Susanne Böhling
Den Anfang machen die Montafoner Alphornfreunde.
Anfangs hören wir aus diesen riesigen Instrumenten getragene Melodien, die sehr gut die erhabenen Gefühle widerspiegeln, die einen beim Anblick der überwältigen Bergpanoramen überkommen. Später zeigen sie, dass es auch anders geht.
Musik von Gitarre und Akkordeon
Gleich als Gitarre und Akkordeon das Musizieren übernehmen, wird es zünftig und alle Besucher im Saal klatschen mit.
Leichtfüßige Tänzer in aufwändiger Tracht
Von den Tänzern sind vier Paare beim Auftritt dabei, die die Bühne voll und ganz ausfüllen.
Leichtfüßig schweben sie zu Walzer oder Polka-Rhythmen über die Bühne. In unendlichen Schleifen drehen sich die Frauen, ohne dass man ihnen Schwindelgefühle anmerken könnte, die jeden ungeübten zum Straucheln bringen würden.
Wie schwierig das ist, fällt einem spätestens dann auf, als die Tänzer Menschen aus dem Zuschauerraum zum Tanz auffordern. Meist steigen sie noch recht anmutig auf die Bühne, aber beim Tanzen zeigen sie doch leicht bis mittelschwer staksige Bewegungen.
Schuhplattler
Auch wenn Alpen-Brauchtum schon in meiner Jugend in Bayern nicht gerade “in” war, mochte ich schon immer Schuhplattler. Hier haben Männer eine Gelegenheit, ihre Kraft zu zeigen. Aber anders als bei irgendwelchen käuflichen Statussymbolen ist es ihre körperliche Kraft. Und ihr Rhythmusgefühl. Darauf kommt es im Zweifelsfall an. Also mir zumindest. Ein Tanz, bei dem sie Anmut zeigen, ohne auch nur einen Augenblick weiblich zu erscheinen.
Szenen aus der Geschichte des Montafons
Die Schuhplattler der Trachtengruppe Schruns holen den Rhythmus nicht nur aus dem Stampfen und indem sie sich mit der flachen Hand auf den Lederhosenboden hauen, sondern beispielsweise auch mit Hammer und Meißel. Damit weisen sie gleichzeitig auch auf den Bergbau hin, der in der Geschichte des Montafon eine wichtige Rolle spielte.
Der Watschner mit Beteiligung des Publikums
Beim Watschner deuten die Schuhplattler eine Rauferei an. Sie mündet darin, dass sie sich im Rhythmus gegenseitig den Hintern versohlen.
Und dabei dürfen dann anschließend auch Besucher mitmachen. Im Keller werden sie in Lederhosen gesteckt und in die nötige Technik eingewiesen.
Der Mann, der diese schwere Aufgabe bei mir übernehmen wird, ist Erwin Kasper. Er ist im richtigen Leben Koch und kennt von daher Herausforderungen.
Etwas ganz besonderes: Die Montafoner Tracht
Besonders stolz ist die Trachtengruppen – wie der Name schon sagt – auf ihre Tracht. Während die Männer Kniebundhosen auf feinem Woll-Lodenstoff tragen und dazu ein rotes Wams, ist die traditionelle Kleidung der Frauen besonders aufwändig.
Priska Ganahl, Tänzerin und Vereinsvorsitzende erzählt, dass die Tracht für eine Frau 2000 bis 3000 Euro kostet. Die Kosten werden aus den Eintrittsgeldern und mit Unterstützung der Gemeinde Schruns gedeckt.
Beim Restaurieren alter Gewänder hat Priska selbst erfahren, wie aufwändig die Stickereien sind. Eine besondere Herausforderung: Sie sind auf Samt gestickt. “Allerdings wissen wir nicht mehr, wo wir solches Samt herbekommen, wenn das alte verbraucht ist”, sagt sie.
“Die Bewahrung dieser Traditionen lohnt sich”, sagt Tanzmeister Egon Erhard. “Wenn man in dieser Tracht durch London läuft, dann weiß man, dass das etwas ganz besonderes ist.”