Es ist noch nicht lange her, dass ich mich als ziemlich fehlerhaft geoutet habe. Keine vier Monate später stelle ich fest, dass sich daran nichts geändert hat. Und das schlimme: Dieselben Fehler!
Ende Januar habe ich mich geoutet: Ich mache Fehler, über die andere nur den Kopf schütteln: “Wie kann man nur!” sagen sie dann. Und das ist keine Frage, sondern Ausdruck der Verachtung. Die sich dann meist nicht nur auf den Fehler bezieht, sondern auf den ganzen Menschen.
Ich mache ziemlich viel Blödsinn
Und so war es mir sehr peinlich zuzugeben, dass ich einmal so lange auf dem Klo Sudoku gespielt habe, bis mir die Beine eingeschlafen waren und mir beim Aufstehen den Dienst versagten. Oder: Ganz in Gedanken versunken stellte ich die Espressokanne auf den Herd, schnibbelte den Apfel für mein Müsli, irgendwann durchzuckte ein Gedanke mein Gehirn: “Müsste jetzt nicht eigentlich der Kaffee fertig sein und zischen?” Aber ich verdrängte ihn. Statt dessen nahm ich die Banane zur Hand, schnibbelte weiter und wunderte mich etwas später über ein “Pling”.
Ein Pling irritiert mich
Ratlos schaute ich mich um: “Woher kam das?” Vergeblich suchten meine Augen, bis mir die Nase den Weg wies: Kaffee, aber irgendwie anders. Da entdeckte ich den Griff der Espressokanne, der auf dem Kocher lag – wo er nicht auffiel. Damit war klar, warum ich ihn zunächst übersehen hatte und woher dieser seltsame Geruch kam: Er war aus Plastik. Ich schaute mir die Kanne genauer an und bemerkte, dass sich rund um den Plastiknöppel, den ich anfasse, um den Deckel zu öffnen, schwarze Schlieren bildeten, wie bei schmelzender Schokolade. Alles klar, das Ding war irgendwie überhitzt.
Geschmolzenes Plastik und ein komischer Geruch
Wenigstens dachte ich noch daran die dicken Handschuhe mit der Teflonseite anzuziehen, bevor ich das Ding vom Kocher hob und in die Spüle stellte. So verbrannte ich mir wenigstens nicht die Finger. Ich ließ Wasser drüber laufen. Das zischte, die Brille beschlug! Bis sie soweit abgekühlt war, dass ich sie vorsichtig – mit den Teflonhandschuhen an den Händen -aufschrauben konnte, dauerte es ganz schön lange. Na klar, die Dichtung zwischen Bauch und Kopf der Kanne war auch kaputt, zu heiß geworden. Der Kaffee noch trocken, roch verbrannt. Wie vor den Kopf geschlagen erkannte ich jetzt die Ursache des Malheurs: Ich hatte vergessen, Wasser in den Bauch der Espressokanne zu füllen! Das macht Kaffee – und sorgt dafür, dass die Kanne nicht überhitzt!
Wenigstens nicht die Finger verbrannt
Natürlich habe ich mich darüber geärgert. Klar. Aber so teuer sind die Dinger nicht, der Verlust verschmerzbar. Wobei ich ein paar Tage auf Kaffee verzichten musste. Das war natürlich unangenehm. Aber auch das habe ich überlebt.
Das Geräusch und den Geruch kenne ich doch irgendwoher
Und nun heute, knapp drei Monate später … Als ich dieses Pling hörte, wusste ich sofort Bescheid! Den Geruch erkannte ich ebenfalls wieder. Die Espressokanne! Tatsächlich lag der Griff wie gehabt daneben. Die Topfhandschuhe überstülpen, die Kanne in die Spüle heben, Wasser drüber laufen lassen war schon fast Routine.
Kurz kochte Ärger hoch! Du hast nichts dazu gelernt! Wie blamabel! Schande über Dich! Doch dann siegte der Hunger, ich wich getränketechnisch auf Tee aus und besah mir nach dem Frühstück den Schaden: Auf dem Deckel zeigte sich um den Nöppel herum wieder geschmolzenes Plastik, er saß nicht mehr fest auf dem Deckel, aber er hielt! Die Dichtung war noch ziemlich elastisch. Im Inneren der Kanne Spuren von Ruß – von dem verbrannten Kaffee – der sich aber bei Spülen entfernen ließ. Okay, wo ich Ersatz bestellen kann, weiß ich ja inzwischen, ich bekomme von der Firma regelmäßig Newsletter. Vielleicht sollte ich direkt zwei bestellen. Und bis die Neue geliefert wird, lässt sich die Alte ja vielleicht noch gebrauchen.
Kein Beinbruch und auch keine Bänderdehnung
Und so ärgerlich das alles ist: ich danke Gott dafür, dass mir nicht erneut die Beine auf dem Klo eingeschlafen sind … Sudoku spiele ich da nämlich immer noch.
Ein weiterer ausflug mit susi und edo führt mich in meine Vergangenheit. aber ich will mich nicht lange damit aufhalten
Eigentlich hatte ich gar nicht vor, einen Blogbeitrag zu schreiben. Aber Susi war neugierig, wie ich ihn aufziehen würde. Sie und ihr Mann Edo, beides Kollegen, hatten mich Ende Februar zu einem Ausflug an die Ruhr und nach Wuppertal eingeladen. Nun wollte ich mich revanchieren und wählte Mönchengladbach als Ziel. Über die Stadt kann ich ein bisschen was erzählen. Während meiner Zeit als Journalistin hatte ich viel zu schreiben von dort, eine Menge besonderer Orte kennengelernt und vieles über die Historie. So viel, dass ich bei der Planung der Tour vor allem überlegte, was ich weglassen kann. Damit wir es bei 17 Kilometern belassen können. Und nicht 50 unterwegs sind. Oder 100. Weglassen, eine Aufgabe, die ich als Journalistin eigentlich ständig bewältigen musste.
Damals achtete ich strikt darauf, dass die Termine nicht länger als eine Stunde dauerten. So gelang es mir, ich mich relativ entspannt auf die maximal erlaubten 100 Zeilen beschränken. Sonst hatte ich zu viel Input und dann war das furchtbar schwierig. Nun, damit würde ich aber diesmal nicht auskommen, schließlich waren wir sechs Stunden unterwegs.
Mönchengladbach wurde am Abteiberg gegründet
Wir starteten am Hauptbahnhof und zogen hinauf zum Abteiberg. Ich erzählte etwas zur Gründung der Stadt, deswegen sie die einzige ist, die am Niederrhein eine Topographie hat. Dass sie ihren Namen von den Mönchen hat und von dem Gladbach, dem goldenen Bach, der heutzutage vor allem unter der Erde fließt. Wir stromerten durch den Garten des Abteibergmuseums. Ich vermisste einige Skulpturen, aber vielleicht werden sie ja nur im Sommer aufgebaut, der Brunnen sprudelte auch nicht. Dafür entdeckte Susi das Baumhaus, das ich noch nicht kannte. Es gibt immer etwas, das ihre Neugierde weckt und dadurch eröffnet sie auch mir, die ich schon alles zu kennen glaube, neue Perspektiven. Wir zwängten uns durch die Öffnung auf die Pllattform und sahen den Garten von oben, aber von einem anderen oben wie sonst, nämlich von der Seite und nicht zentral vom Museum aus.
Der höchste Punkt: Der Alte Markt
Ich zeigte den Beiden die vielen Gassen und Straßen die auf den Höhepunkt, den Alten Markt zulaufen, tischte ihnen noch die Geschichte von dem Richtplatz auf, an diesem Tag vollgestellt von Marktwagen. Wie oft hier unter meinem kritisch wohlwollenden Blick der Hoppeditz zum Leben erweckt und die Karnevals-Session eröffnet wurde oder oder oder – ich spreche nicht davon, sonst würde unser Ausflug frühestens nach 60 Stunden enden.
Blick in die Waldhausener Straße und eine freundliche Vergangenheit
Dann warf ich noch einen Blick in die Waldhausener Straße. Hier gab es die Curry 27, ein Schnellrestaurant, das man nicht als Imbiss bezeichnen darf, denn Petra frittierte selbstgeschnitzte Pommes und die waren eine Delikatesse, wie ich sie nach ihrem Weggang aus der Stadt nicht mehr genossen habe. Dazu servierte sie mir einen Bauernsalat und rettete mir ein ums andere Mal das Leben, wenn ich zwischen Terminen und Schreiberei kaum zum Atmen kam. Doch weil ich diese Erinnerungen nicht mit Susi und Edo teile, verweilte ich auch nicht darin, sondern wir zogen weiter.
Am Hospiz blitzt ein trauriger Verlust wieder ins Bewusstsein
Am Hospiz vorbei, wo ich den Kollegen Jürgen kurz vor seinem Tod besucht hatte. Ein Erlebnis, dass mir seitdem nicht mehr präsent war, aber jetzt schossen mir augenblicklich die Tränen in die Augen. Gut, dass es sonnig war und die Brille dunkel. Wir blickten durch das schmiedeeiserne Tor in den Hof der Abtei und ich erlaubte mir einen Hinweis auf die vielen Sitzungen, an denen ich hier als Vertreterin der Öffentlichkeit teilgenommen hatte. Details zum Presseschießen verkniff ich mir. Auch wenn ich mich noch heute über die frechen Antworten freue, mit denen ich bisweilen Volksvertreter oder Amtsinhaber verblüffte.
Das Museum Abteiberg in Mönchengladbach gehört zu den bedeutendsten Bauten der Nachkriegszeit in NRW
Einen Besuch im Museum Abteiberg konnte ich ihnen dann zwar nicht ersparen, wohl aber die ganzen Geschichten, über die vielen Ausstellungen, die begleiten durfte (seitdem kann ich mich für moderne Kunst begeistern. Das Foto zeigt übrigens eine Arbeit von Yves Klein. Sein berühmtes Blau ist nur ganz schlecht wiedergegeben). So konnten sich Susi und Edo unbeschwert der aktuellen Ausstellung zuwenden. Ein Video von einer Straßenszene arabische Schriftzeichen an den Tafeln über den Geschäften.
Zwei Männer, einer mit Mundharmonika, einer mit Gitarre ziehen durch die dicht gedrängten Straßen, und intonieren das Intro aus „Spiel mir das Lied vom Tod“.Mit einer Handykamera gefilmt sieht man Mengen von Männern, Blut, die Stimmung ist aufgewühlt und feindlich. Leider konnte ich nicht – wie früher - mit den Informationen aus dem Pressevorgespräch dienen. Aber Susi erkannte sofort, dass die Szenen auf im kurdischen Irak aufgenommen wurden, ihr erster Mann, Vater ihres Kindes, ist dorthin zurückgekehrt. „Solche Szenen sieht man im westlichen Fernsehen nicht“, sagte sie. Und vermutete dahinter Schutzmechanismen. Sie weiß von Exilanten, die sich so etwas immer wieder in den Sendern aus der Heimat ansehen, was sie furchtbar runter zieht. Susi erzählte also von sich. Und irgendwie doch auch von mir, selbst wenn ich so etwas nie erlebt habe und hoffentlich auch nicht erleben werde.
Mit dem Bus von Mönchengladbach zum Rheydter Markt
Mit dem Bus fahren wir anschließend nach Rheydt, gehen am Marktplatz vorbei. Dort berichte ich nicht von den Grillmeisterschaften, bei denen ich immer wieder in der Jury saß und dort den Dieter Bohlen oder den Joachim Llambi gab, also das Mitglied, dass ein ehrliches Urteil abgab und treffende Worte fand, egal ob es sich um einflussreiche Karnevalistenverbände oder unbedeutende Metzgereifachverkäuferinnen handelte. Gleichzeitig lieferte ich einen bunten Punkt, gab also gleichzeitig den Jorge González. Und als einzige Frau die Motsi Mabuse. Haha
Die meisten Geschichten erzähle ich nicht – vor allem nicht die peinlichen
Auch die endlosen Bezirksvertreterversammlungen im Rheydter Rathaus, erwähnte ich nur im Nebensatz. Aber einer der Höhepunkt kam mir wieder in den Sinn: Aus dem Kännchen kam nur tropfenweise Milch für den Kaffee, der mich wachhalten sollte. Dennoch hörte ich mit einem Ohr den Ausführungen des Vertreters der Opposition zu, ich war also unkonzentriert, wollte schneller mehr Milch, hielt das Kännchen steiler …. und flatsch, landete der Deckel des Kännchens in meinem Kaffee und der verteilte sich – nun mit wesentlich mehr Milch als nötig vermischt – mit einem kleinen Tsunami über mindestens zwei Presseplätze. Peinlichst berührt starrte ich wie gebannt auf den See, an dem sich eine kleine Ausbuchtung bildete, gleich würde es einen Abfluss Richtung Tischkante geben. Doch die Kollegen aus dem Presseamt und vom Konkurrenzblatt waren schon losgespurtet um Papiertücher zu besorgen und verhinderten so, dass auf dem Teppich eine unschöne Erinnerung an meine Zeit als Journalistin bleiben würde. Grausam, so eine Schmach, auch wenn sie typisch für mich wäre.
Eine von den schönen Geschichten – die Rheydter Kirmes und kein Ende
Auch die Kirmes erwähnte ich nur kurz: dass ich dabei Paul kennenlernte und dank der Frotzeleien mit ihm eine ziemlich locker flockige Reportage über den Rundgang schreiben konnte. Von wegen 100 Zeilen (Das Maximum, siehe oben)! Ich lieferte 140 (der Rundgang hatte mehr als eine Stunde gedauert) – und keine einzige wurde herausgekürzt. Ich verkneife mir eine Nacherzählung! In der Folgezeit entwickelte sich zu Paul und seiner Familie eine schöne Freundschaft.
Ich war dort sogar zur Silberhochzeit eingeladen, es galt sich im Stil der 80er Jahre zu kleiden.
Dauergast im Theater Mönchengladbach – Rheydt
Das Theater durften wir auch nicht auslassen. Immerhin war ich dort über ein paar Jahre mindestens einmal in der Woche bei einer Pressevorbesprechung oder bei einer Premiere. Eine tolle Zeit. Wir passierten es ohne Stopp.
Neuen Wege mit neuen Geschichten
Dann gingen wir uns Richtung Osten. Auf Höhe von Schloss Zoppenbroich wandten wir uns nach Norden, immer an der Niers entlang. Ein schöner Weg, den ich bis dato nicht kannte. Wir plauderten über unseren Job, die Firma, die möglichen Entwicklungen in der Zukunft. Da beide dort schon eine halbe Ewigkeit arbeiten, sind ihre Ansichten und Beobachtungen interessant – und vielleicht sogar wichtig.
Schloss Rheydt – nicht weit entfernt vom Hauptbahnhof Mönchengladbach
Angekommen auf Schloss Rheydt beschränkte ich mich weiterhin auf das nötigste, auch wenn das ein wirklich geschichtsträchtiger Ort ist und einer der wenigen (oder der einzige) Renaissance-Bauten am Niederrhein. Susi und Edo konnten also ungestört die Pfauen bewundern, die heutzutage die Herren abgeben.
Vom Volksbad Mönchengladbach
Dass es von hier aus nur ein Klacks ist bis zum Volksbad, war mir bis dato ebenfalls nicht bewusst. Mit dem Auto muss man nämlich einen weiten Bogen fahren. Zu Fuß sind es nur ein paar Kilometer. Auch hier erzähle ich nur, was nicht bei Wikipedia nachzulesen ist: Dass der Bau in der Zeit zwischen den Weltkriegen eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für arbeitslose Weber war.
Und dann ist es auch nicht mehr weit bis zum Bahnhof. Ein schöner Tag, eine gute Mischung. Unsere Beine melden zwar zuverlässig, dass sie 17 Kilometer gelaufen sind, aber der Geist ist erfrischt.
Fazit: Will man die Gegenwart genießen und gelassen in die Zukunft schauen, ist es gut, sich nicht zu lange mit alten Geschichten aufzuhalten. Wenn ich allerdings mal Langeweile habe, kann ich mir diese unerzählten Geschichten ins Gedächtnis rufen und schöne und schreckliche Gefühle erneut durchleben.
Unerzählte Geschichten – untold stories – könnte auch ein guter Titel einer Ausstellung im Museum Abteiberg sein. Moderne Kunst mag solche englischen Titel. Aber für meine Geschichten aus Mönchengladbach wäre sogar dieses schöne große Museum zu klein. Ich bin mal gespannt, was Susi dazu sagt, dass ich den Blogbeitrag über unseren Ausflug so aufgezogen habe.