Theo, Hund mit Vergangenheit


… und die holt ihn manchmal ein

Die Kinder sind groß und die Midlife-Crisis naht

Bis Theo zu mir kam, fristete er ein Leben als Deckrüde. (Erzähle ich das in traurigem Ton, bedauern ihn die meisten Menschen. Das „Ohhh“ scheint aus tiefster Seele zu kommen. Und nicht alle fangen nach einer kleinen Denkpause an zu kichern.) Aber dann waren die Kinder groß sprich: Alle Hündinnen im Zwinger waren seine Töchter, also hätte es für ihn nichts mehr zu tun gegeben und bevor er dann in die Midlife-Krise geriet und sich eine Harley kaufen wollte, durfte er bei mir auf dem Teppich ein neues Leben beginnen.

Doch bisweilen holt ihn seine Vergangenheit ein. Als Naturbursche vom Land brauchte er sich um seinen Fortpflanzungstrieb keine Sorgen zu machen, die Mädels kamen reihenweise zu ihm und er erfüllte seine Pflicht zuverlässig.

Tja.

Tempi passati.

Das Problem mit dem Grün

Um ihn daran zu gewöhnen, sich auf Grün und nicht nur auf Beton oder Asphalt zu lösen, führte ich ihn immer an einem Grünstreifen aus, der anscheinend auch von zahllosen Hundehaltern genutzt wird. Da kam er aus dem Schnüffeln gar nicht heraus. Er konnte sich da aufhalten! Und ich mir die Beine in den Bauch stehen! „Zeitung lesen“ habe ich mir zu Anfang gedacht. Das macht auch so mancher Mensch, um sich beim Toilettengang zu entspannen und ich habe ihm das Vergnügen 100 Meter oder 15 Minuten lang gegönnt. Manchmal hat er seine Nase ganz besonders tief in das eine oder andere Grasbüschel versenkt und ließ sich kaum weiter bewegen .

Seinen Haufen hat er trotzdem erst dann gemacht, wenn wir ein paar Meter auf Asphalt und Beton unterwegs waren. Das ist eigentlich nicht so schlimm, dann lässt es sich leichter mit der Plastiktüte aufheben, als wenn man es aus Grasbüscheln herausfriemeln müsste. Aber es ist peinlich.

Das Problem mit dem Häkelfuß

Später hatte ich dann den Salat. Denn der Grünstreifen scheint nicht bloß eine Zeitung zu sein. Er ist das Internet! Und Theo war da besonders gern auf Pornoseiten unterwegs. Zuhause angekommen leckte er mir erst ausdauernd und mit Hingabe die Beine bis hinauf zu den Knien. Anschließend verwandelte sich sein wirklich kerzengerader Vorderlauf in eine Art Häkelnadel, bemüht, mein Bein unter sich zu ziehen, den Rücken krumm zu machen … in eindeutiger Absicht. „Nein!!!!!“ herrschte ich ihn laut und streng an. Er sah mich mit seinen treuen dunklen Augen an und schien zu sagen: „Willst Du es nicht auch?“ Ihn vom Gegenteil zu überzeugen war nicht immer so einfach. Distanzieren sich Menschenmänner prompt und zuverlässig bei „Jetzt reicht’s“, musste ich Theo bisweilen in anderes Zimmer verbannen, bevor er sich beruhigen konnte. (Der Häkelfuß fährt im übrigen auch bei anderen Rüden aus, so sie in seine Nähe kommen.)

Was im Licht der frühen Sonne so idyllisch aussieht, hat es Theo-technisch in sich …

Das Problem in der Fußgängerzone

Jetzt lasse ich ihm am Grünstreifen nicht mehr so viel Zeit und wenn er wieder auf Pornoseiten stößt, ziehe ich ihn mehr oder weniger sanft weiter. Ich habe auch schon andere Wege ausprobiert oder den Grünstreifen ganz weggelassen. Er macht weiterhin auf Beton und Asphalt und es ist weiterhin peinlich, wenn das in der Fußgängerzone von vielen Menschen beobachtet wird. Oder sogar auf den Bahnsteig. Das ist dann besonders peinlich. Aber immer noch besser, als Theo ins Internet zu lassen.