Auch wenn ich seit 12 Jahren in der Stadt wohne, bin ich noch nicht so richtig angekommen. Doch das Folklorefest Krefeld ist sogar bei mir ein fester Angelpunkt. Diesmal hatte ich am Samstagabend Begleitung einer Bekannten aus dem Kreis Kleve – sie war begeistert! Wir erlebten mit den Auftritten des Helsinki-Cotonou Ensembles und der Amsterdam Klezmer Band zwei hochkarätige Acts. Und das ganz umsonst und draußen. Und ganz anders als das, was sie unter „Folklore“ erwartet hätte.
von Susanne Böhling
Das Helsinki-Cotonou Ensemble beim Folklorefest Krefeld
Meine Bekannte, Elisabeth, hatte dafür gesorgt, dass wir rechtzeitig am Platz vor der Alten Kirche ankamen. Da wurde gerade die Bühne für das Helsinki-Cotonou Ensemble aufgebaut und wir konnten uns genau im gewünschten Abstand zur Bühne platzieren. Von dort aus erlebten wir, wie die Band das Publikum von Anfang an mitnahm und verzauberte. Wie der Moderator Helmuth Wenderoth uns erklärte, arbeiten hier Musiker aus Finnland und Benin zusammen. Gitarrist Janne Halonen war bereits 2009 in das westafrikanische Land gereist und hatte Sänger und Percussionist Noel Saizonou kennengelernt und mit ihm den Voodoo-Rhythmus gefunden, nachdem er gesucht hatte. Es folgten Gegenbesuche beider Seiten und dass Projekt wuchs. Heute hören wir kühle, teils funkige Jazzklänge, unterlegt mit den heißen, vielschichtigen Rhythmen der beiden Musiker aus Benin. Auf diesem Teppich mag sogar ich(!) ausgedehnte Saxophon-Soli, (die mich normalerweise an den Rand bringen, weil meine Nerven sie nicht lange verkraften). Hier? Nicht nur „kein Problem“, sondern angenehm, wunderbar! Eine tolle Synthese zweier Kulturen, eine echte Bereicherung, Weltmusik eben.
Das Folklorefest Krefeld zieht Besucher in die Innenstadt
In der nächsten Umbaupause schlendern wir durch die Innenstadt. „Ist hier immer so viel los?“ fragt Elisabeth. Ich zucke ein bisschen ratlos die Achseln, weil ich nicht oft am Samstagabend unterwegs bin. Das geht sicher auch anderen Passanten so. Ich bin mir sicher, dass das Folklorefest ein echtes Highlight des Krefelder Sommers ist, das viele auf die Straße lockt. Eine Institution, die den Platz an der Alten Kirche mit der richtigen Atmosphäre auflädt. „Diese Stadt ist weich und offen“, sagt Wenderoth zum Abschluss des Abends, „so gefällt sie uns.“ Davon profitiert der Platz. Er hat sich in den letzten Jahren mit der wachsenden Gastronomie zu einem innerstädtischen Treffpunkt entwickelt, zur guten Stube Krefelds.
Genießermarkt sorgt für mehr Platz vor der Hauptbühne
Dass die nächste Band mit ihrem Auftritt begonnen hat, hört man nicht in der ganzen Stadt (was die Anwohner gefreut haben wird). Als wir zum Platz zurückkommen, können wir nur noch schwer einen guten Platz vor der Bühne ergattern. Eine gute Idee, die Stände mit den Speisen auf den Genießermarkt zu verlegen, damit ist es während der Konzerte nicht so eng. Allerdings war der Genießermarkt während der Pausen auf der großen Bühne ebenfalls sehr voll, weil es dort auf der Marktbühne am Seiteneingang der Kirche Auftritte gab, die beim Publikum viel Beachtung fanden.
Die Amsterdam Klezmer Band reißt die Besucher mit
Die Amsterdam Klezmer Band verstärkte ihre Instrumente nur sparsam, die äußerst rhythmische Musik kam mit einem winzigen Schlagwerk aus. Auch hier vertrat man nicht die „reine Lehre“ Klezmer, sondern integrierte viele andere östliche und orientalische Elemente zu einer Mischung, die unwiderstehlich zum Tanzen verführte. Ein Höhepunkt war ein vom Bandgründer Job Chajes auf dieser Grundlage performter Rap! Wir waren restlos begeistert!!! Ich bin mir sicher, dass Elisabeth zum 40. Folklorefest wieder in Krefeld erscheinen wird.