2. Tag: Gargellen und kulturelle Betrachtungen

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Dass am Montag schlechtes Wetter sein sollte, hatte man vorhergesagt. Von Susanne Böhling Aber das merkten wir nach dem Aufstehen erst mal noch nicht. Bei strahlendem Sonnenschein gingen wir zum Bäcker und bemerkten schnell kulturelle Besonderheiten der Österreicher: Frisches Gras von … Weiterlesen

Mittelalter-Spektakel auf Schloss Hülchrath

Eigentlich waren wir anlässlich des Mittelalter-Spektakels nach Schloss Hülchrath gekommen. So erfahren wir etwas über die geheimnisvolle Burg

Von Susanne Böhling

Burg Hülchrath zum Staunen und Wohnen

Schloss Huelchrath in Grevenbroich ist eine imposante Burg

Ein mächtiges Schloss erhebt sich im Rund des Burghofes von Schloss Hülchrath in Grevenbroich. © Foto Susanne Böhling

Sobald man den Torbogen durchschritt öffnet sich der weite Burghof und offenbarte ein mächtiges Haupthaus mit einem hohen Turm. Zelte deuten auf einem Jahrmarkt, das Mittelalter-Spektakel, zu dem Schloss Hülchrath an diesem Wochenende einlud.

Das ist so beeindruckend, dass man es fast versäumt an die Seite zu schauen, wo man Haustüren zu Wohnungen entdeckt. Anscheinend sind Teile der Burg zu Wohnzwecken vermietet oder verkauft. Ich stelle mir das schön vor: In der Sonne sitzen, ein Buch lesen und auf das historische Gebäude schauen.

Schloss Hülchrath beherbergt Wohnungen

Wohnungstüren auf Schloss Hülchrath © Foto Susanne Böhling

Die Chirurgie im Mittelalter

Beim Gang durch die Zeltreihen erregte ein Stand mit seltsamen Instrumenten aus Metall meine Aufmerksamkeit besonders. Dahinter steht Christoph Kamp.

Mittelalterliche OP-Instrumente

Chirurgia Magna – mittelalterliche Operationsinstrumente sind das Hobby von Christoph Kamp

Er ist Mitglied der Templerkomturei Pinningen aus dem Saarland und zuständig für den chirurgischen Zweig des Heilwesens. Sie stellen die Kreuzzugs-Orden dar, die im Mittelalter ins Heilige Land zogen. Dazu gehörten die Templer, die Johanniter und der Deutsche Orden. Speziell die Johanniter sind der evangelische Zweig der Hospitaliter die das erste Hospital in Jerusalem unterhielten, das dem heiligen Johannes geweiht war. Auf der katholischen Seite standen entstanden aus den Hospitalitern die Malteser. Kamp trägt einen braunen Kittel mit einem weißen Kreuz darauf, dem Zeichen der Johanniter.

Eine Nadel für die Star-Operation am Auge

Die hier gezeigten Metallinstrumente sind Nachbildungen von Instrumenten, die man im Mittelalter zu chirurgischen Eingriffen nutzte. Besonders interessant finde ich ein spitzes Metallinstrument.

Nadel für die Operation am Star

Chirurgia Magna – die Nadel für die Operation eines Stars im Auge © Foto Susanne Böhling

„Damit hat man damals Star Operationen am Auge vorgenommen“, erklärt er mir. Man habe damit seitlich in das Auge gestochen und die trübe Linse ein Stück heruntergezogen, so dass das Licht jetzt wieder durch den klaren Teil auf die Netzhaut fallen konnte. „Der Mensch konnte nach der Operation wieder besser sehen“, versichert er.

Schon damals konnte der graue Star operiert werden

Erschreckend, wenn man an die Narkose-Methoden des Mittelalters denkt: Die Nadel für die Augen OP © Foto Susanne Böhling

Die Holzhammer-Narkose als gängige Methode im Mittelalter

Kaum vorstellbar, wie man damals solche Schmerzen ausgehalten hat. Denn Kamp räumt ein, dass die Narkose Methoden der damaligen Zeit nicht sehr raffiniert waren. Die sprichwörtliche Holzhammermethode war an der Tagesordnung. „Die Leute setzten eine gepolsterte Haube auf. Dann bekamen sie einen Schlag auf den Kopf und sie fielen mit einer leichten Gehirnerschütterung in Ohnmacht.“ Die richtige Steuerung sei das größte Problem der damaligen Narkosen gewesen. Das Wissen um die mittelalterliche Chirurgie hat sich Christoph Kamp nach und nach an gelesen. Er und seine Freunde aus der Templerkomturei Pinningen reisen bisweilen zu solchen Mittelalter-Spektakel wie auf Schloss Hülchrath. Die Kosten dafür tragen Sie selbst, die Veranstalter stellen Holz für das Lagerfeuer zur Verfügung.

An Karneval als Mann verkleidet

Schlipse3Die Krawatte als Symbol der Männlichkeit ist abgeschnitten eine heißbegehrte Trophäe für die Frauen am Altweiber-Donnerstag. Doch was passiert, wenn sich eine Frau als Mann verkleidet? Ich machte den Test.

Von Susanne Böhling

Nein, ich hatte keine Lust zu feiern, in diesem Jahr an Karneval. Aber an Altweiber, da bot sich die Gelegenheit, mit Sylvia loszuziehen, mit der ich lange nicht mehr aus gewesen war und so ließ ich mich motivieren. Als sie nachmittags bei mir erschien, hatte sie bereits eine abgeschnittene Krawatte am Rockbund ihres Kostüms. Da wurde mir wurde etwas mulmig.

Sylvia

An Alt-Weiber als Mann verkleidet

Der Grund: Ich hatte auch keine Lust, mir ein aufwändiges Kostüm auszusuchen oder zu beschaffen, und hatte also auf die Idee, mich als Kerl zu verkleiden. Die müssen sich nicht schminken oder versuchen, ihren Bauch geschickt zu kaschieren, die ziehen sich an – „gut is“ – und los. Mein Bruder Uwe gab mir seinen Nadelstreifenanzug, Neri – meine liebe Friseurin – gelte mir meine Haare entsprechend, das schmale Bärtchen malte ich mir mit Augenbrauenstift auf die Oberlippe. Peter hatte mir einen – gebundenen – Schlips aus seinem Bestand gegeben. „Wie wird es dem ergehen?“

Der Anzug vom Bruder und ein Schlips reichten Susanne Böhling an Karneval als Verkleidung

Schlips, Anzug und ein aufgemaltes Oberlippenbärtchen machen mich zum Mann

Keine Gefahr an Karneval

Das war nun die spannende Frage des Abends. Als ich mit Sylvia ins Taxi stieg, Richtung Gleumes, wollte mir der Taxifahrer mit vorderasiatischem Migrationshintergrund sofort den Schlips abschneiden. „Das darfst Du nur, wenn Du Dich als Frau verkleidest“, antwortete ich ihm. „Oder zur Not Damenunterwäsche trägst. Und jetzt gib Gas.“ Die Masse im Gleumes nahm uns herzlich auf, alle freuten sich über unseren Anblick. Die Frauen strahlten und hakten uns zum Schunkeln unter, keine griff nach ihrer Schere.

Zustimmung für das Männerkostüm

„Du hast mich ganz schön verwirrt, mit Deinem Oberlippenbärtchen“, sagte der Mann mit dem bierbenebeltem Blick, der mich aus der Damentoilette kommen sah. Aris, der Oberkellner, hielt mich auf, als wir gehen wollten, und steckte mir einen Schlips zu, den ein Gast hier wohl mal vergessen hatte. Vor der Tür trafen wir auf einen Mann, der als Frau verkleidet war und sich sehr sicher auf hohen Hacken bewegte.

Statt des Verkleidungsspaßes: Fragen nach der sexuellen Orientierung

Im Old Inn ging das Rätselraten weiter: „Ihr seid aber lesbisch!“  versuchte der Mann, der uns aus dem Gleumes hierher gefolgt war, eine Erklärung für unsere ungewöhnliche Erscheinung. Das sprang Melli in die Bresche. Ich kenne sie, Ende 20, aus einer anderen Kneipe. „Das ist meine Adoptiv-Mama und das“ – mit Blick auf Sylvia – „ist meine Tante. Meine Mama hat mich ganz allein durchgebracht und alles, was ich bin, verdanke ich ihr“, tischte sie ihm eine herzzerreißende Geschichte auf. „Und: Sie ist ganz sicher nicht lesbisch. Das wüsste ich ja wohl am allerbesten.“

Susanne Böhling in männlicher Pose auf dem Tisch sitzend

Susanne Böhling als Mann in typischer Haltung

Wir verabschiedeten uns noch vor Mitternacht und waren uns einig: Es war ein toller Abend und Karneval ist eine gute Gelegenheit für solche Erlebnisse.